Im letzten Artikel hatten wir herausgearbeitet, dass regionale Gesichtspunkte die Besetzung von freien Positionen in Unternehmen positiv, aber auch negativ beeinflussen können.

Andererseits sind Standortentscheidungen nicht immer leicht umkehrbar und so stellt sich die Frage, ob mittlerweile nicht Strategien oder Techniken bestehen, die eine Rücksichtnahme auf regionale Faktoren bei der Rekrutierung von Fachkräften weniger notwendig machen? So kann man also davon sprechen, dass dem erhöhten Marktwert von Fachkräften und dem eigenen Standortnachteil eines Unternehmens ein alternativer Ansatz entgegengestellt wird.

Aufgrund der technischen Weiterentwicklung wird so immer wieder die Einführung von Telearbeit, Cloud- oder Co Working oder dem klassischen Homeoffice diskutiert. Liegt hier die Zukunft? Können Probleme der Standortwahl, des Pendelns aber auch des Fachkräftemangels so wirksam bekämpft werden?

Diese teilweise komplexen und nicht zuletzt sehr individuellen Fragestellungen beschäftigen Vordenker der neuen Arbeitswelt in den großen Unternehmen oder Think Tanks bereits seit geraumer Zeit. Wie ist eigentlich der Arbeitsplatz definiert? Wo liegt der Schwerpunkt der Wertschöpfung eines Arbeitsplatzes und warum gibt es eigentlich in Deutschland den immer noch vorherrschenden Glauben an die Präsenzpflicht?

Immer häufiger sind die Ergebnisse dieser Entwicklung bereits spürbar und es werden alternative Szenarien aufgebaut. Viele Mittelständler beliefern große Unternehmen und müssen sich im Bestellprozess nicht mehr an die Kollegen in Deutschland, sondern vielleicht an ein Einkaufsbüro in Budapest oder Prag wenden. Auch die Hotlines verschiedener Unternehmen sitzen schon heute im Ausland und bedienen sich dann deutschsprachiger aber regionaler Arbeitskräfte. Im Automobilbau werden Zulieferunternehmen aus der ganzen Welt eingesetzt, um ein „deutsches“ Modell zu fertigen.

In diesem globalen Kontext wird deutlich, wie stark sich die Arbeitswelt in den letzten Jahren schon verändert hat. Wer in Deutschland den Fachkräftemangel negiert, übersieht diesen Zusammenhang und versteht vor allem nicht, dass wir längst auch in einem internationalen Wettbewerb um die Arbeit stehen. Denn der Fachkräftemangel kann auch eine Lohnkomponente beinhalten. Wenn ein Unternehmen für den zu leistenden Betrag im heimischen Markt keine Arbeitskräfte bekommt, werden die Arbeitsplätze verlagert, einfach weil es möglich ist und in einem anderen regionalen Markt die Arbeitskräfte zu den gewünschten Konditionen zu rekrutieren sind.

Die Hintergründe und Zusammenhänge dazu sind wiederum geeignet, philosophisch zu werden, sollten aber nicht den Blick dafür verstellen, dass gerade im deutschen Mittelstand diese Dinge längst angekommen sind und das Bild davon wie gearbeitet wird auch künftig weiter verändern werden.

Doch zurück zur Telearbeit. Zunächst bleibt ein Großteil der Unternehmen hiervon ausgeschlossen, weil es Produktionsanlagen gibt, die vor Ort bedient werden müssen. Aber für immer mehr Dienstleistungen kommt es in der Tat nicht mehr darauf an, wo ein Mitarbeiter vor seinem PC sitzt. So lange E-Mails, Internetzugang und das Telefon funktionieren, lässt sich fast überall arbeiten. Unternehmensberatungen haben so schon in den frühen Neunziger Jahren  die festen Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter abgeschafft. Wer vom Kundeneinsatz zurückkam, hat sich mit seinem Laptop in eine freie „Wabe“ gesetzt und dort gearbeitet. Das könnte natürlich nun auch zuhause oder bsw. in einem Co-Working Office passieren.

Doch lassen sich so tatsächlich Fachkräfte in Unternehmen einbinden, die vorher ausserhalb der Reichweite lagen? Die Antwort lässt sich sicher nicht pauschalisieren aber in jedem Fall sollte auch im Mittelstand im Rahmen der Personalplanung geprüft werden, ob Teile oder Arbeitsschritte nicht auch von arbeitsplatzfernen Mitarbeitern zu erledigen sind. Auch der Wiedereinstieg von Müttern oder die Integration von Teilzeitkräften mag so besser gelingen.

Unter Umständen kann das dazu führen, dringend benötigtes Know-How in das Unternehmen zu integrieren, das ansonsten an einem anderen Ort arbeiten würde. Insofern könnte so der Spannungslage zwischen dem Trend, in Ballungszentren zu leben und eines eventuell nachteilig für Akzeptanz neuer Arbeitskräfte vorhandenen Unternehmensstandortes die Brisanz genommen werden.

Dabei wird dann leicht auch die Tür aufgeschlagen zu der Überlegung, Arbeitsschritte ganz auszulagern oder fremd zu vergeben. Ein Prozeß, der wie ausgeführt längst Alltag geworden ist und auch eine Stärkung bewirken kann. Wer sich keinen eigenen Programmierer leisten kann oder will, kauft ihn eben ein. Teilzeitvereinbarungen und generell externe Ressourcen wie Zeitarbeit, Dienst- und Werkverträge oder Freelancer bieten sich hier als feste Größe einer flexiblen Personalplanung an.

Im Ergebnis wird man sagen müssen, dass durch die angerissenen Maßnahmen kein demographischer Wandel herbeigeführt werden kann. Aber dem Ansatz, aus den bestehenden Potentialen das Beste zu machen, dienen die Überlegungen in jedem Fall. So muss auch im Mittelstand schon heute im Rahmen der Personalplanung darüber nachgedacht werden, welche Arbeitsprozesse wo, wann und von wem durchzuführen sind. Insofern sicher nichts Neues – entscheidend ist aber die Priorisierung auf die Personalbeschaffung, die im Rahmen der Arbeitsablaufplanung zukünftig eine tragende Rolle spielen sollte, wenn geplant wird, welche Personalbedarfe künftig vorhanden sind. Auch Bewerber lassen sich besser für das Unternehmen gewinnen, wenn flexible Lösungen zur Einbindung von Know How unter Berücksichtigung individueller Belange präsentiert und praktiziert werden. Dieser Faktor wird künftig weiter an Bedeutung gewinnen und das nicht nur aufgrund der Generation Y, sondern vor allem aufgrund eines schärfer werdenden Wettbewerbs um die Fachkräfte.