Wir halten den Schlüssel zu einem ausreichend großen Fachkräftepool selbst in der Hand. Durch die Weiterbildung in entsprechend gesuchte Berufszweige sollte es doch möglich sein, vorhandene Bedarfe zu bedienen?

Sollte man meinen! Denn tatsächlich gehen mit diesem Ansatz ebenfalls manigfaltige Probleme einher, die einen durchschlagenden Erfolg bisher verhindert haben. Trotzdem stimmt der Grundgedanke und der ist es wert, genauer betrachtet zu werden.

In den letzten Jahren gab es Aus- und Weiterbildungen in unterschiedlichsten Fachrichtungen. War es vor einigen Jahren noch en vogue, nahezu jeden Bewerber zu einem IT Mitarbeiter weiterzubilden, ändern sich auch im Rahmen der Weiterbildung ständig die Moden. Dabei drängt sich jedoch der Gedanke auf, dass alle Maßnahmen mehr oder weniger ungesteuert und ungeplant der eigentlichen Entwicklung am Arbeitsmarkt hinterher laufen. So wie heute immer noch kaum in die Wahl junger Menschen des Studienfaches eingegriffen wird und statt Informationen über die Berufsaussichten oft nur der „NC“ zu Regulierung herangezogen wird, werden Weiterbildungsangebote häufig nur genutzt, um als Veranstalter Geld zu verdienen oder aber Arbeitsuchende mit Kursen zu beschäftigen und so aus der Arbeitslosenstatistik verschwinden zu lassen.

Woran kann das liegen? Zunächst muss man festhalten, dass die grundsätzliche Einsatzbereitschaft sicher vorhanden ist. Sowohl die öffentliche Hand, als auch viele Unternehmen sind mittlerweile bereit, Geld zu investieren, um Fachkräfte weiterzubilden. Doch zu oft geht die Ausbildung am Markt vorbei und hilft dann doch nicht, spezifische Bedarfe zu bedienen. Insofern kann ein Problem darin liegen, dass die mittelfristigen Anforderungen des Arbeitsmarktes schlecht erkannt oder vorhergesagt werden können und somit dann an der Schnittstelle zwischen Unternehmen und Bildungsträgern ein Informationsdefizit herrscht, das letztlich zu Fehlsteuerungen in der Aus- und Weiterbildung führt.

Diese Problematik wird sicher noch dadurch verstärkt, dass mittlerweile sehr viele verschiedene Akteuere mit teilweise unterschiedlichen Interessen in diesem Bereich tätig sind und es untereinander keine besonders gute Vernetzung oder Abstimmung gibt. Wie sonst ist es zu erklären, dass beispielsweise erwähnte IT Kräfte zu Hunderten ausgebildet, aber immer noch häufig in diesen Berufen gar nicht tätig geworden sind, weil die Anforderungen des Marktes im Detail dann doch anders waren oder sich eben verändert haben.

Diese spezielle Fachrichtung ist zudem auch ein Beleg dafür, wie sich die Ansätze im Bereich der schulischen und betrieblichen Ausbildung entwicklen, die dann aber mit der Lage am Arbeitsmarkt gar nichts mehr zu tun haben. So ist es zwar nachvollziehbar, dass viele junge Menschen eine kaufmännische Ausbildung anstreben oder gar studieren wollen. Doch gleichzeitig gibt es viele technische Berufe, in denen die Betriebe seit Jahren nicht mehr genug Auszubildende finden und die gleichzeitig ein gutes Auskommen und ein planbares Berufsleben ermöglichen würden. Das ist umso ärgerlicher, als dass die deutsche Wirtschaft unter anderem deshalb in Europa noch vergleichsweise gut dasteht, weil wir über einen gesunden und innovativen Mittelstand und starke Industriebetriebe verfügen und nicht allein den Dienstleistungssektor unverhältnismäßig stark ausgebaut haben.

Diese Botschaft kommt aber weder bei den jungen Leuten an, noch wird von Seiten der Politik genug unternommen, um hier die notwendigen Anreize zu schaffen. Auch sollte man Abiturienten darauf hinweisen, dass nicht nur ein Studium glücklich macht, sondern nach wie vor auch das Handwerk immer noch einen goldenen Boden hat.

Aber zurück zur Weiterbildung. Zur Grundvoraussetzung einer ausreichenden Kenntnis der deutschen Sprache hatten wir bereits Stellung bezogen und aufgezeigt, dass bereits an dieser grundlegenden Stelle immer noch Defizite bestehen. Doch damit ist es leider in Bezug auf die potentiellen Teilnehmer von Weiterbildungsmaßnahmen nicht getan. Vielmehr gestaltet es sich zusätzlich zu allen organisatorischen und planerischen Herausforderungen auch in diesem Bereich immer schwerer, motivierte und geeignete Bewerber zu finden. Das liegt zunächst auch an einer verfehlten Betreuungs- und Informationspolitik, die Ziele und Chancen nicht realistisch genug aufzeigt. Daraus ergeben sich dann auf Seiten der Bewerber Vorstellungen und Ansprüche, die in der Realität schwer durchsetzbar sind. Auch hier wird spürbar, dass sich das Anspruchsdenken auf Bewerberseite verändert hat.

Gleichzeitg werden aber auch viele Betriebe ihrer Veranwortung nicht gerecht, werden so doch Fachkräfte gefordert aber das Investment einer Aus- und Weiterbildung wird als zuviel erachtet oder die Vorgaben für die Mitarbeiterauswahl sind zu hoch und gehen an der angespannten Realität auf dem Arbeitsmarkt vorbei. Gepaart mit den anderen von uns in vorherigen Artikeln ausgeführten Faktoren kann das dazu führen, dass bestimmte Unternehmen in Zukunft noch stärker als bisher vom Fachkräftemangel getroffen sein werden als andere.

In jedem Fall findet sich so teilweise die kuriose Situation, dass es Weiterbildungsangebote gibt die neben interessanten beruflichen Perspektiven vollständig fremd finanziert sind und trotzdem keine Bewerber gefunden werden, die bereit sind, für einige Zeit bsw. in einer anderen Stadt ein Bildungsangebot anzunehmen, obwohl ihnen eventuell eine sichere Beschätigung im Anschluss in Aussicht gestellt wird.

Hier verhält es sich wohl änlich wie im Rahmen des Fachkräftemangels, der eben auch heterogen spürbar ist. Einige Angebote sind beliebt und werden überrannt, andere müssen sich mühsam die Bewerber zusammensuchen.

Wie kann dem begegnet werden?

Leider wird es auch hier keine einfach Lösung geben, sondern dürfte verschiedene Anpassungen notwendig sein, um das System wieder stärker den tatsächlichen Begebenheiten anzupassen.

Zunächst sollte in den Mangelberufen der Gedanke weitergeführt werden, Berufsbilder einzuführen, die gestaffelte Inhalte von Ausbildungsberufen vermitteln und so quasi den Grundstock zu einer Berufsausbildung oder zumindest einer Anlerntätigkeit in den entsprechenden Bereichen befähigen. Zu oft werden fertig ausgebildete Mitarbeiter erwartet, die im Rahmen der Weiterbildung allerdings nicht beschafft werden können, da die meist dreijährige Berufsausbildung nicht zu ersetzen ist. Hier könnte also versucht werden, die Grundlagen in Weiterbildungen zu vermitteln und dann im Rahmen einer betrieblichen Beschäftigung im Anschluss zusätzliches Wissen „on the job“ und unterstützt durch Mentorenprogramme zu vermitteln. Solche Weiterbildungsangebote könnten dann, wenn sie z.b. mit Beschäftigungszusagen im Vorfeld aus der Industrie verbunden sind, an Attraktivität gewinnen.

Gleichzeitig könnte versucht werden, stärker Mitarbeiter zu gewinnen die in sogenannten Mangelberufen tätig waren, dann aber lange fachfremd gearbeitet haben. Durch Wiedereinsteigerschulungen wird hier auf noch rudimentär vorhandenes Fachwissen aufgebaut, sodass idealerweise schneller wieder eine Arbeitsfähigkeit in dem entsprechenden Fachbereich erzielt wird, als einen kompletten Neueinsteiger anzulernen.

In diesem Zuge ist es wichtig, der Berufserfahrung an sich einen entsprechenden Stellenwert beizumessen. Viele Unternehmen schauen alleine auf die absolvierte Ausbildung von Bewerbern, obwohl auch Mitarbeiter ohne Ausbildung unter Umständen durch ihre Berufserfahrung bereits in der Lage sind, die Anforderungen zu erreichen oder aber schneller auf das entsprechende Niveau gebracht werden können. Hier müssten wohl Unternehmen umdenken und mehr Menschen eine Chance geben, anstatt monatelang auf „den richtigen“ Bewerber zu warten.

Wichtig wäre zudem, wenn es gelänge, eine integrierte Informationspolitik für die unterschiedlichen beruflichen Ebenen einzuführen, die Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen aufzeigt, welche Chancen und Möglichkeiten in welchen Berufszweigen stecken. Klar steht dem zunächst der Kampf einzelner Berufszweige im Weg, aber das ändert nichts daran, dass mit einem Kampf jeder gegen jeden letztlich dann alle verlieren. In Zukunft wird es immer Verlierer und Gewinner auf dem beruflichen Feld geben. Unumgänglich ist aber, die Ausbildung besser zu steuern, um den Berufsfeldern, die Zukunft haben und Bedarfe generieren, die entsprechenden Bewerber zuzuführen. Von daher ist der bisherige Weg, in dem beispielsweise jeder Handwerksverband selbst Werbung für den eigenen Beruf macht und dann verschiedene andere Insitutionen irgendwie für sich werben, nicht zielführend. Unter Umständen müssten hier dann auch die Ministerien stärker eingreifen um der gesamtwirtschaftlichen Verantwortung besser gerecht zu werden.

Anknüptungspuntk zur Steuerung der beruflichen Attraktivität sind dann sicher auch die Verdienstmöglichkeiten. Natürlich werden mehr Bewerrber bereits sein, sich in einem Beruf Aus- oder Weiterbilden zu lassen, in dem es neben einer guten beruflichen Perspektive also der Anstellungsmöglichkeit an sich – die ja aktuell in sehr vielen Bereichen gegeben ist – es sich auch finaziell lohnt, tätig zu werden. Hier sind die zwar bewärhten aber auch sehr starren Systeme der deutschen Lohnfindung gepaart mit einer Fehlsteuerung schuld, dass Fachkräfte fehlen. Wenn man sich z.B. im Bereich der medizinischen oder pflegerischen Grundversorgung die Verdienstmöglichkeiten anschaut, verwundert es nicht, dass junge Menschen nicht Schlange stehen, um diese wichtigen und zukunftsfähigen Berufe zu erlernen. Warum ist es nicht unbürokratisch umsetzbar, in solchen Mangelberufen Prämien oder Zuschläge zu zahlen, die dann zu einer besseren Versorgung mit Bewebern führen? Die Bereitschaft fehlt natürlich oft, was aber tragisch ist, da in den meisten Fällen eben doch genug Geld vorhanden ist, es nur an dieser entscheidenen Stelle nicht eingesetzt wird. Hierbei kann ein Mindestlohn sicher helfen, gleichzeitig sollte aber versucht werden, dass Bewusstsein zu schärfen, dass Fachkräfte eben entsprechend entlohnt werden müssen – auch ohne Zwänge.

Schlußendlich führt zudem kein Weg an der weiteren Integration von ausländischen Fachkräften vorbei. Dieser Weg wird ebenfalls verschiedentlich gegangen, wobei zwischen der Integration von Flüchtlingen und der bewußten Abwerbung ausländischer Fachkräfte unterschieden werden muss. DIe Probleme sind allerdings identisch. Hier wie dort stehen zunächst Sprachbarrieren, die soziale Integration und dann auch die Anerkennung von im Ausland erworbenen Fähigkeiten auf der Agenda.

Im Ergebnis sind die Herausforderungen vielfältig aber wenn die vorhandenen Ressourcen nicht besser genutzt werden, wird sich der Mangel an Fachräften zumindest kurz- bis mittelfristig weiter verschärfen.

Wie sind Ihre Erfahrungen mit dem Thema der beruflichen Weiterbildung ?