Eine Frage die Personaldienstleister, Personalvermittler aber auch Personalentscheider immer wieder beschäftigt, rückt gerade in Zeiten der zunehmende Technisierung von Rekrutierungsprozessen stark in den Vordergrund – welche Form ist am besten geeignet, um die Unterlagen von Bewerberinnen und Bewerbern zu übermitteln, bzw. einzufordern ?
Klassischerweise werden im Rahmen einer direkten Stellenbesetzung von den meisten Unternehmen Bewerbungsunterlagen angefordert, sei es in digitaler oder noch in Papierform. Trotzdem gehen vor allem immer mehr Personaldienstleister dazu über, an ihre Kunden angepasste Profile zu senden. Auch fordern Unternehmen die Eingabe von Bewerbungsunterlagen in hauseigene Rekrutierungssoftware mit vorgegebenen und einheitlichem Aussehen. Warum ist das so und wo liegen die Vor- bzw. Nachteile ?

Zunächst mag es verständlich erscheinen, Lebensläufe, denen vielleicht eine ansprechende Formatierung fehlt, anzupassen und zu vereinheitlichen. So soll sich eine bessere Vergleichbarkeit ergeben und der Prozess der Personalbeschaffung optimiert werden. Auch lassen sich so bestimmte Berufserfahrungen oder Fachkenntnisse herausstellen, die in den Ausgangsunterlagen eventuell nicht ausreichend akzentuiert wurden – immer vorausgesetzt, Bewerber/innen haben der Behandlung ihrer Unterlagen im Vorfeld überhaupt zugestimmt, bzw. sind zumindest über die angewendeten Verfahren ausreichend aufgeklärt worden.

Trotzdem stellt so eine „Aufhübschung“ immer auch bereits eine Bewertung dar, weil positive Punkte hervorgehoben und negative Dinge eher angepasst werden. Auch wenn das unbewußt passiert, ergibt sich eine Verfälschung, die nicht im Sinne des Personalentscheiders sein kann. Gleiches gilt für die Vereinheitlichung, die sich aus der Nutzung von Tools zur Bündelung der Bewerbungen ergibt. Hier nutzen alle Bewerber oder Dienstleister das identische Portal, um Daten zu erfassen.

Aus Sicht der Gleichbehandlung und Rationalisierung von Prozessen mögen diese Ansätze verständlich erscheinen. Doch bleibt fraglich, ob sie dem Ziel, zum einen eine bestmögliche Stellenbestzung zu erreichen und gleichzeitig weder Bewerber/innen zu diskriminieren oder Potentiale zu übersehen, wirklich dienen.

Was sind also die Alternativen? Natürlich lassen sich technische Entwicklungen nur schwer bremsen und niemand wird sich Verbesserungen von Abläufen verschließen. Trotzdem bleibt der Fokus die passgenaue Besetzung bzw. Platzierung einer Position und da bietet eine Originalbewerbung häufig bessere Transparenz und lässt eher Rückschlüsse auf bestimmte Umstände zu. Dagegen vermag auch ein Gleichbehandlungsgedanke nur schwer zu sprechen, denn letztlich sind nicht alle Bewerber und Bewerberinnen gleich gut geeignet und solange überall die gleichen Maßstäbe angelegt werden, gibt es auch keine Ungleichbehandlung. Im Gegenteil führt das „Über einen Kamm scheren“ unter Umständen dazu, dass eine Bewerbung, die vielleicht inhaltlich oder gestalterisch einen bestimmten Effekt erzielen wollte, einen Teil der beabsichtigen Wirkung verliert.

Von daher sollten Dienstleister vielleicht eher in Zusammenarbeit mit Bewerberinnen und Bewerbern versuchen, Fehler aufzuarbeiten und so einen Mehrwert für den Einzelnen zu bieten. Also im Sinne einer Hilfe zur Selbsthilfe die Qualität von Unterlagen anzuheben, statt auf eigene Faust alles in ein Profil zu stecken. Erfahrene Personaler mögen zudem gerade ein zwischen den Zeilen Lesen der Bewerbung vermissen, das durch originale Unterlagen eher möglich ist.

Die Grenze wird hier sicher durch Unternehmen gezogen, die aufgrund von sogenannten Compliance oder AGG Regelungen als Vorgabe bestimmte Erscheinungsformen oder Tools voraussetzen. Doch auch hier kann in der Vereinheitlichung aus Personaler-Sicht nur eine unnütze Hürde gesehen werden, die weder für Bewerberinnen und Bewerber, noch für Unternehmen einen Vorteil bringt. Denn was an Qualifikationen oder persönlichen Voraussetzungen nicht tatsächlich vorhanden ist, lässt sich auch durch eine optimierte Darstellung nicht herbeizaubern, sondern wird an irgendeinem Punkt des Bewerbungsprozesses auffallen. Solche Fehlentscheidungen wiegen dann schwerer als eine vielleicht durch die Vereinheitlichung oder Anwendung von Profilen zu erzielende Zeitersparnis im Auswahlprozess.

Ein Mittelweg könnte die Möglichkeit darstellen, neben der vereinheitlichten Erfassung von Bewerbungsdaten auch das Hochladen von Originalunterlagen in Dateiform zu ermöglichen. Damit würde dann allerdings wieder ein erhöhtes Maß an Aufwand betrieben, wobei der Trend im Bewerbungsprozeß sicher in Richtung einer möglichst einfachen Zugangs geht.

Sicher kann man auch die Ansätze von direkten Bewebern und der Einreichung von Unterlagen durch einen Dienstleister nicht ohne Weiteres über einen Kamm scheren. Doch letztlich bleiben all diese Bemühungen ja Bewerbungsprozesse, und warum soll eine direkte Bewerbung anders gewichtet werden als eine solche über einen Diensleister, Headhunter oder Vermittler ?

In der Realität ist die Antwort auf diese Frage zumindest im deutschsprachigem Raum leider oft noch sehr eindeutig – hier dürfte überwiegend immer noch eine direkte Bewerbung den höchsten Stellenwert genießen. Dabei ist aber gleichzeitig der Anteil von Unternehmen, die zur Bewerbung komplette Unterlagen und kein einfaches Profil in einem Bewerbungstool einfordern, sicher immer noch in der Mehrzahl. Warum also im Rahmen von Personaldienstleistungen etwas anderes fordern?

Im Ergebnis sollte man Bewerbungsunterlagen so nehmen wie auch Bewerberinnen und Bewerber in der Realität sind, nämlich eine völlig normale Kombination aus Stärken und Schwächen.

Wie sind Ihre Erfahrungen dazu ?